geb. Friedeberg
05.09.1871
–unbekannt
©Yad Vashem
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Geburtsdatum irrtümlich 5. August oder 5. September 1871; Geburtsname irrtümlich Friedberg; in Birnbaum (Provinz Posen) geboren; verheiratet mit dem Kaufmann Hermann Wronker; zwei Söhne, von denen einer als Gardeulan im Ersten Weltkrieg kämpfte und infolge einer an der sowjetischen Front zugezogenen Tuberkulose 1918 starb, der zweite, 1892 in Frankfurt geborene Sohn emigrierte 1933 über Frankreich nach Ägypten und lebte nach dem Zweiten Weltkrieg in den USA; eine 1898 ebenfalls in Frankfurt zur Welt gekommene Tochter, die mit ihrem Ehemann 1936 ebenfalls in das ägyptische Exil nach Kairo flüchtete und nach 1945 in den USA wohnte; Tante von Johanna Wronker.
Der Ehemann Hermann Wronker lebte seit 1891 in Frankfurt. Gründung eines ersten Warenhauses 1891 in der Hasengasse unter dem Namen „S. Wronker & Co.". Später war er Besitzer der Warenhäuser „Wronker“, Zeil 101-105, in Bockenheim, Hanau, Nürnberg, Pforzheim, Mannheim und bis 1908 in Darmstadt, Hannover und Worms, die zur „Hermann Wronker AG“ gehörten. 1927 erhebliche Ausweitung des Geschäftes, Ankauf des „Kaufhauses Hansa“ auf der Zeil und des Kaufhauses „Zum Strauss“ in Nürnberg. Das Unternehmen beschäftigte 3.000 Mitarbeiter. Im Jahre 1930 betrug der Gesamtumsatz 30 Millionen Reichsmark. Der Ehemann und der Sohn führten den Betrieb als zeitweise als Direktoren gemeinsam. Der Ehemann war bis 1931 Mitglied im Vorstand, dann im Aufsichtsrat. Infolge der Weltwirtschaftskrise Verkauf der Nürnberger Filiale 1931. Die Geschäfte führten seitdem als Vorstand der Sohn und der Kaufhausfachmann aus Stuttgart Walter Sack. Im Zuge der Pleiten der Firmen „Oberzenner“ und „Metzger“ wurde auch von der „Hermann Wronker AG“ plötzlich die Zahlung des größten Teils fälliger Rechnungen eingefordert. Wegen vorübergehender Zahlungsunfähigkeit wurde über das Vermögen des Unternehmens am 23. August 1932 das Vergleichsverfahren eröffnet, das am 29. September 1932 unter Festsetzung einer Quote von 35 Prozent beendet wurde. Erzwungene „Arisierung“ und Übernahme durch die Firma „Hansa AG“ am 20. Juni 1934, seit 1954 Kaufhaus „Hertie“, heute zu „Karstadt“ gehörend.
Um 1905 gründete der Ehemann die „1. Wach- & Schließgesellschaft“; er war außerdem Mitbegründer der Union-Filmtheater AG (später UFA), die vor dem Ersten Weltkrieg an Alfred Hugenberg verkauft wurde. Der Ehemann war mit dem Frankfurter Oberbürgermeister Franz Adickes befreundet.
Der Ehemann galt als großer Wohltäter ohne Beschränkung auf eine Konfession. Er engagierte sich für die Sanierung der Frankfurter Altstadt, stiftete eine Lotterie zur Wiedererrichtung des Eisernen Stegs; 1911 im Vorstand der ILA (Internationale Luftfahrt-Ausstellung), für den Flug vom Rebstock zum Feldberg und zurück lobte er einen Preis aus, den August Heinrich Euler gewann. Vom Ersten Weltkrieg bis zum Ende der Inflation 1923 ließ er täglich 30 bis 40 bedürftige Kinder im Erfrischungsraum seines Warenhauses speisen. Ferner war er zugunsten des Roten Kreuzes tätig. Die Tochter arbeitete während des Ersten Weltkrieges in der Kriegsgefangenenhilfe.
Die Eheleute lebten bis 1937 in Königstein (Taunus). Umzug nach Berlin; 1939 Rückkehr nach Frankfurt. Frankfurter Adressen Holzgraben 2 und 9, Senckenberganlage 12. Diese Liegenschaften gehörten ebenso wie das Königsteiner Grundstück Rombergweg 3-4 und die Frankfurter Liegenschaften Platz der Republik 76 und Savingnystraße 68 zum Eigentum der Familie. Das Haus Savignystraße wurde 1935 verfolgungsbedingt entzogen. Die Königsteiner Immobilie wurde verfolgungsbedingt im September 1938 veräußert. Die Liegenschaft Hohenzollernplatz 76 (Platz der Republik) wurde am 13. Januar 1937 durch die Stadt Frankfurt entzogen. Weitere Grundstücke in Königstein mussten 1938 verkauft werden. Die Liegenschaften Holzgraben 2 und 9 wurden 1942 nach der Ausbürgerung der Wronkers zu Gunsten des Reiches eingezogen.
Ida Wronker und ihr Ehemann wurden 1939 verhaftet. Während Ida Wronker laut Entschädigungsakten für sechs Wochen im Untersuchungsgefängnis Preungesheim inhaftiert und dann ohne Verhandlung oder Angabe von Haftgründen auf freien Fuß gesetzt wurde, war der Ehemann bereits nach einigen Tagen wieder freigelassen worden. Festsetzung einer „Dego-Abgabe“ in Höhe von 350 Reichsmark, die jedoch nicht gezahlt wurde.
Auf Drängen der Kinder flüchteten die Eheleute im März 1939 in das französische Exil nach Paris, um von dort zu Sohn und Tochter nach Ägypten zu emigrieren. Die Fahrkarten besaßen sie bereits, durften jedoch die besetzte Zone Frankreichs nicht mehr verlassen. Letzte Wohnadresse beim Ehepaar Raoul Loewenthal in Arcachon (Gironde), 94 Cours Lamarque. Raoul Loewenthal war jahrelang Leiter der Teppich- und Linoleumabteilung im Hauptgeschäft der „Wronker AG“ in Frankfurt gewesen und mit einer Französin verheiratet. Die Kinder schickten regelmäßig per Überweisung Unterhalt an Ida Wronker und ihren Ehemann. Zuletzt flüchtete das Ehepaar nach Sauray (Vienne).
Etwa im Oktober 1942 wurde Ida Wronker im Alter von 71 Jahren zusammen mit ihrem 75-jährigen Ehemann von Clermont-Ferrand in das Lager Poitiers, dann in das Internierungslager Drancy und von dort am 23. September 1942 in das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz verschleppt, wo beide unbekannten Datums ermordet wurden. Die Todesdaten der Eheleute wurden auf den 8. Mai 1945 festgesetzt.
HHStAW Best. 518/4481 (Ehemann), HHStAW Bestand 518 Nr. 43375
Heinz Sturm-Godalstein, Juden in Königstein, 1983
Biografie zuletzt aktualisiert am: 11.01.2025 08:09