geb. Rothstein
04.10.1894
–unbekannt
in Mainstockheim (Unterfranken) als Tochter des Fabrikanten und Weingroßhändlers Emil Rothstein und von Betty Rothstein, geb. Kahn, zur Welt gekommen, der Vater starb am 18. Oktober 1935 in Würzburg, die Mutter wurde im Vernichtungslager Auschwitz ermordet; 1919 Heirat in Würzburg mit dem Weinhändler Siegmund Hausmann, der Ehemann starb am 27. Januar 1936 in Frankfurt; eine 1920 geborene Tochter und ein 1924 geborener Sohn, denen 1938 beziehungsweise 1935 die Flucht in das Exil nach Palästina gelang; drei Brüder, von denen einer 1914 als Soldat im Ersten Weltkrieg starb, dem anderen gelang 1937 die Flucht in das Exil nach Palästina, das weitere Schicksal des dritten Bruders ist nicht bekannt; Schwester der kaufmännischen Angestellten Thekla Kraus, geb. Rothstein; kaufmännische Angestellte.
Der Vater hatte 1890 in Mainstockheim die Weinbrennerei und Likörfabrik „Emil Rothstein“ gegründet, die er 1914/1915 nach Würzburg verlegte. Dort betrieb er zusätzlich eine Weingroßhandlung und ein Exportgeschäft, Annastraße 24. Nach dem Ersten Weltkrieg war der Vater Vorsitzender des Verbandes Fränkischer Spirituosenfabrikanten und -händler. Der Vater trat 1924 aus der Israelitischen Kultusgemeinde aus. Er wurde im April 1935 von der Geheimen Staatspolizei verwarnt, weil er einem Mieter, der NS-Funktionär war, die Wohnung gekündigt hatte.
Julie Hausmann besuchte die Höhere Schule in Kitzingen. Anschließend absolvierte sie eine kaufmännische Ausbildung im väterlichen Weinhandel in Würzburg. Sie war im Ersten Weltkrieg als freiwillige Krankenschwester tätig.
Nach ihrer Heirat trat sie in die 1882 gegründete Weingroßhandlung des Ehemannes „Louis Hausmann“, Sterngasse 6, später Annastraße 26, ein, die dieser von seinem Onkel übernommen hatte und zu der mehrere Weinberge sowie -kellereien gehörten. Die Firma beschäftigte zehn bis zwölf Vertreter. Julie Hausmann besaß dort Prokura. 1934 verfolgungsbedingte Verlegung des Geschäfts nach Mainz. Würzburger Adresse der Familie Peterstraße 8.
Verfolgungsbedingter Umzug der Familie nach Frankfurt im Oktober 1934. Vergebliche Bemühungen um eine Ausreise nach Palästina.
Zwangsweise Entrichtung der „Judenvermögensabgabe“ in Höhe von 22.500 Reichsmark, der Reichsfluchtsteuer in Höhe von 15.000 Reichsmark und der „Dego-Abgabe“ in Höhe von 5.919 Reichsmark. Das Vermögen von Julie Hausmann unterlag einer „Sicherungsanordnung“ der Devisenstelle vom 12. Oktober 1940, die den monatlichen „Freibetrag“ auf 600 Reichsmark festsetzte, am 30. Oktober 1940 auf 300 Reichsmark und am 10. Juli 1941 auf 220 Reichsmark reduzierte. Sie unterstützte ihre in Kitzingen lebende Mutter mit monatlich 10 Reichsmark. Laut Devisenakten war Julie Hausmann im Juli 1941 als Hilfsarbeiterin bei der Firma „Richard Mueller“ beschäftigt; vermutlich musste sie Zwangsarbeit leisten.
Frankfurter Adressen Telemannstraße 4, Wolfsgangstraße 16, Feuerbachstraße 28, zuletzt ab etwa Februar 1942 Eschersheimer Landstraße 39 bei Hofmann (bis Ende 1941 Pension „Hoffmann“). Bei dieser Anschrift handelte es sich um ein „Judenhaus“, in dem jüdisch Verfolgte vor ihrer Deportation aus Frankfurt zwangsweise einquartiert wurden.
Julie Hausmann wurde im Mai 1942 wahrscheinlich in das Vernichtungslager Majdanek oder das Transitgetto Izbica verschleppt und ermordet. „Evakuierungsvermerk“ vom 1. Juni 1942 auf der Devisenakte mit dem Hinweis auf „L[iste] 8“. Ihr Todesdatum wurde auf den 8. Mai 1945 festgesetzt.
Laut Verfügung vom 30. Mai 1942 in der Devisenakte wurde das Vermögen von Julie Hausmann zu Gunsten des Reiches eingezogen.
Die Schwester lebte nach der Scheidung von ihrem nicht-jüdischen Ehemann 1938 wieder in Würzburg, seit 1939 in Werneck, wo sie laut Strätz eventuell in der dortigen Nervenheilanstalt untergebracht war. Sie wurde am 14. Januar 1941 in Chelm ermordet.
HHStAW Best. 518/14005, Best. 519/D JS 555
Reiner Strätz, Biographisches Handbuch. Würzburger Juden 1900-1945. Würzburg 1989, S. 241, 318, 489
Biografie zuletzt aktualisiert am: 03.01.2025 04:01